Mitglieder des „W. Erk Theater“ lasen
Texte von Irmgard Keun.
„Ich habe nichts kaputt gemacht, ich will auch nichts
aufbauen.“ Das ist ein trotziger Irmgard-Keun-Satz. Er
beschreibt die Gefühlslage der Schriftstellerin
unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, als sie, die
verfemte Autorin während des nationalsozialistischen
Regimes, ins zerbombte Köln zurückgekehrt war.
Seidig war das nicht, was sie ganz zu Anfang der
Wirtschaftswunderzeit offen aussprach und von Petra
Clemens vorgelesen wurde. Während die Erstausgabe ihres
Romans „Das kunstseidene Mädchen“ auf dem vollbepackten
Büchertisch mit verschiedenen Werkausgaben Keuns lag,
lasen Mitglieder des „W. Erk Theater“ des
Ausbesserungswerks im Zentral-Antiquariat
satirisch-kabarettistische Texte der Schriftstellerin.
Irmgard Keun schrieb von 1946 bis 1948 Texte für den
NWDR. Die Dialoge „Wolfgang und Agathe“ nehmen die ganz
normalen Kleinbürger aufs Korn, jene, die sich in den
Trümmern eingerichtet hatten und mit Knolli-Brandy und
Buttercrème-Torte die Vergangenheit zu verdrängen
suchten. Doch denen, die mit „Mein Kampf“ getraut worden
waren, lag nicht Hitlers zusammengebrautes braunes
Gedankengut im Magen, sondern der selbst gebrannte
Schnaps: „Man kann ja nicht alles im Voraus denken.“
Auch so ein Satz. Bitter, treffsicher, politisch. Und 50
Jahre später immer noch aktuell. Irmgard Keun kannte
sich selbst - ihr Humor spricht Bände -, und sie kannte
ihre Pappenheimer. Das waren die politisch Tätigen:
„Wenn das Kind deinen Verstand erbt, kann es immer noch
Minister in Bayern werden“, sagt Agathe zu Wolfgang.
Claudia Konkel und Pia Axmacher fanden besonders im
abschließenden Sketch zu herrlichem Satire-Ton. Nicht zu
viel und nicht zu wenig übertrieben spielten sie den
DiaIog, in dem Wolfgang seine Ehehälfte Agathe kräftigt
angeschwipst in deutschestem Deutsch, in Stabreimen
also, anhimmelt. Die gesammelten Nachkriegstexte sind im
Buch „Wenn wir alle gut wären“ zusammengefasst. Wie sehr
sie Lust aufs Nachlesen machten, zeigte sich nach der
Vorstellung: Das Buch war vergriffen.
Die letzte Keun-Lesung im Rahmen von „Ein Buch
für die Stadt“ in Leverkusen bietet die Volkshochschule
gemeinsam mit dem Frauenbüro am Sonntag, 30. November,
um 11 Uhr in der Villa Wuppermann. Unter dem Titel „Ich
lebe in einem wilden Wirbel“ erläutern Margarete Graf
und Ingeborg Nödinger die Biographie und lesen Texte der
Autorin. Anmeldung: 0214 /
406-4190.
(KStA)